
CONNY'S STUDIO
Neunkirchen bei Siegburg ist ein kleines Dörfchen, in dem CONNY'S STUDIO seit 1973 etabliert ist. Autobahnnähe, Bergisches Land und totale Ruhe waren für Conny Plank die wichtigsten Merkmale, sich und seinen Laden deutschen Rockgruppen anzubieten. Obwohl in seinem Studio auch schon die eine oder andere Bigband Platz gefunden hat, gesteht er doch ein, dass es für die Gruppen doch ein bisschen eng sein könnte. Aber alles in allem hat's bisher noch mit jeder Gruppe ausgezeichnet geklappt.

Studios auf Ranches in den USA sind ja mittlerweile als etwas Besonderes stellt (?) worden - das Studio von Conny Plank befindet sich auf einem alten Bauernhof, der schon ein bisschen wacklig ist, in einem umgebauten Pferdestall. Nach dem Umbau, der ca. sechs Monate dauerte, ist der Mixer in Eigenbau zusammen mit Peter Leunig, der die elektronischen Merkmale entwickelte, gebaut worden.
Die erste Gruppe, die seinerzeit in das Studio kam, war Jane, die ihr drittes Album aufnahmen. Zusammen mit Klaus Lampe, der heute Drums bei Klaus Dinger in Düsseldorf spielt, später mit Petrus von Guru Guru und jetzt mit Udo Kempt-Giessing von Kraan, hat Plank Gruppen wie Grobschnitt, Kraftwerk, Guru Guru, Hoelderlin, Eroc, Cluster, Neu und viele andere gefahren.
Conny Plank ist inzwischen auch schon 36 Jahre alt und hat seine Karriere 1957 als Jazzmusiker angefangen und in Dixieland- und Jazzgruppen Trompete und Gitarre gespielt. Nach einem Ingenieurstudium ging's ab zum Saarländischen Rundfunk, 1967 nach Köln in das Rhenusstudio, das er komplett aufbaute, von dort aus 1970 nach Hamburg, wo unter seiner Regie das Star-Tonstudio entstand. Als freier Tonkutscher in den verschiedensten Tonstudios (Audio Berlin, Musicland München) beendete Conny Plank dann 1973 sein Dasein als Unselbständiger.
ALLE STUDIOS IN DEUTSCHLAND HABEN EINES GEMEINSAM: EINE SCHLIMME TAXI-UHR IM RÜCKEN! (Conny Plank)
Weil ihm die ganze Szene zu musikunfreundlich war, und er keine Lust hatte, sich ständig unter Beton und Aircondition zu bewegen, ist er halt eben aufs Land ausgewichen und hat die ganze Sache "entbrutalisiert".
ARBEITSGRUNDSÄTZE
Aufwand steht nicht an erster Stelle, sondern die Atmosphäre. Der totale amerikanische Supertrip ist in diesem Studio unbekannt. Ein gesundes und stabiles Werkzeug, das variabel ist, wird dort bevorzugt. Superraumfahrtraffinessen stehen hinter der eigentlichen Zielsetzung, nämlich der Musik, zurück. Man vertritt in Conny's Studio den Standpunkt, dass in Deutschland zunächst einmal etwas an der Musik, und nicht an der Technik getan werden solle.
Musikalische Vorbilder für Plank, der - und wer ihn kennt, kann es glauben - eigentlich mehr melancholisch als heavy ausschaut, sind die Stones und die Who. Für ihn, der ungeheuer auf echtem Rock steht, gibt es auch nur zwei echte Rockgitarristen: Keith Richard und Pete Townshend. Früher stand er nur auf schwarzer Musik, mittlerweile ist er jedoch von seinem Ray Charles-Trip runter und hat sich einiges anders überlegt. Sein größter Fang war wohl im Jahr 69 die Gruppe "Organisation", heute besser als Kraftwerk bekannt, mit denen er den Titel "Autobahn" produzierte.
Die Spezialität von Conny ist die Arbeit an der Bühne, weil er den Kontakt mit den Musikern braucht, um Höchstleistungen zu bringen. Er baut sich zu diesem Zweck auf oder neben der Bühne ein kleines Studio auf, wo es niemanden stört. Dieter Dierks, der bekanntlich anders verfährt, kennt er erstaunlicherweise überhaupt nicht!?
Was erwartet die Leute in Conny's Studio nun?
Conny glaubt, dass die meisten Musiker, die in seinen Laden kommen, zunächst einmal überhaupt keine Ahnung von dem haben, was sie erwartet. Er hält es für vollkommen falsch, dass die meisten deutschen Gruppen im Studio einfach nur ihren Live-Act herunterspielen; aus Geldmangel kann er mit diesen Gruppen gar nicht auf die tausend Möglichkeiten eingehen, die ein Studio bietet. Die Preise für sein Studio sind unterschiedlich: Es gibt einmal einen Preis für Musiker, zum anderen einen Preis für die Industrie, der ein paar Mark höher ist. Insgesamt 65 LPs hat Plank bisher gefahren, die eine oder andere hat er auch produziert, aber weil's seiner Meinung nach in Deutschland nicht allzuviel zu produzieren gibt, hält er sich merklich zurück.
EQUIPMENT
Die Abhörbox im Regieraum ist eine Konstruktion von einem Mitarbeiter aus dem Cornet-Studio in Köln; diese Anlage ist mit Tanoy Gold-Speakern ausgerüstet, die nach Meinung von Plank einen überaus "ehrlichen" Sound wiedergeben. Das Pult entstammt der Marke Eigenbau und ist mit 20 Kanälen ausgerüstet, die in Kürze um weitere 10 Kanäle erweitert werden sollen. Das Mischpult ist mit Vario-Filter (stimmbares Filter) sechs Einspielwegen, Quadrosummenverteilung, sechs verschiedenen Begrenzern, einigen Spezial-Entzerrern und anderen Filtern ausgerüstet.
Die MCI 16-Sur-Bandmaschine ist voll mit dbx bestückt und bringt 30 dB Rauschunterdrückung. Zwei amerikanische Scully-Maschinen, zwei Revox A 77, zwei Digital Delays, zwei EMT-Hallplatten 140, ein Mic Mix Hallgerät, fünf Phaser der Marke Eigenbau und eine Zusatzmischeinheit gehören so in den Regieraum wie eine weitere Abhörplatte, mit deren Hilfe man den Heimstereo-Sound abhören kann. Abgemischt wird auf der großen Anlage analytisch, die Zuordnung wird auf der kleinen Anlage vorgenommen, als drittes Mittel wird dann ein hochwertiger Kopfhörer der Marke Koss verwendet. Wenn der Sound auf allen drei Anlagen stimmt, dann ist der Toning. zufrieden. Besonders auffällig sind die Resonatoren, die auch im Eigenbau erstellt worden sind und die Eigenresonanz verringern sollen. Durch diese Plastik-Resonatoren kann man bedeutend linearer hören als das sonst der Fall ist. In seiner Größe reicht der Regieraum an ein mittleres Wohnzimmer heran.

Und nun zum Studio selbst:
In diesem Raum, der früher tatsächlich einmal als Schweinestall diente, sind auf ca. 45 qm Schlagzeug, JBL-Bassanlage, Altec-Gitarrenanlage, Fender Verstärker, Yamaha Orgel, Leslie-Cabinet, Blütner-Flügel, Clavinet, Odyssee-Synthesizer, Fender-Piano, Farfisa String-Melodie, verschiedene Gitarren und Bässe vorhanden. Auf die Frage, warum eigenartigerweise so viele Musikinstrumente zur Verfügung stehen, erfährt man, dass die meisten Instrumente der Musiker in einem Zustand sind, in dem sie wohl besser nicht wären. Die Mikros im Studio sind von AKG, Sennheiser, Beyer, Shure und Neumann, und sie werden von Plank, der sich selbst als Mikro-Spezialisten bezeichnet, sehr zielbewusst eingesetzt.
Für die Leute, die sich für dieses Studio interessieren, sei gesagt, dass unter Umständen lange Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen, insbesondere dann, wenn wieder Saison angesagt ist.
